Abschied von Pierre

Abschied von Pierre

Worms – 18.7.2016

Diesen Artikel zu schreiben fällt mir nicht leicht, und doch will ich es tun.

Der ein oder andere Portalleser wird sich erinnern, am 1. Mai 2016, also vor weniger als 3 Monaten, habe ich
über einen Bikerkorso nach Mainz berichtet. Es ging in erster Linie um eine Spendenaktion für den Spieltplatz des Mainzer
Kinderklinikums, aber auch um Gedanken zur aktuellen Lage in unserem Land.

Den Spendenscheck konnten wir damals nicht überreichen, wollten es aber nachholen, ich war freundlicherweise
vom Orgateam eingeladen worden, dabei zu sein.

Daher habe ich mich sehr gefreut, als sich am Dienstag, dem 12. Juli, der Kopf der We-ride-as-friends Gruppe, Michael Höfli, bei mir gemeldet hat.
Aha, dachte ich, die Scheckübergabe an die kranken Kinder in Mainz steht an, super.

Ja, das wird auch stattfinden, in den nächsten Wochen. Aber die im gleichen Atemzug von Michel überbrachte Nachricht
war noch viel intensiver und ein krasser Gegensatz zu meiner Vorfreude.

Einer der Mitorganisatoren, einer der Roadcaptains unseres gemeinsamen Spendenkorsos, Pierre Lebeda, hat es von
seiner Ausfahrt am 10. Juli leider nicht mehr nach Hause geschafft.

Im Alter von 33 Jahren, an einem schönen Sonntag, beim Motorradfahren, bei dem, was er liebte, hat wahrscheinlich ein technischer Defekt in einer Sekunde alles geändert.
Für ihn alles gestoppt und beendet, da er den Unfall auf seinem Bike leider nicht überlebte.

Für seine Familie, die Großeltern, Eltern, Schwestern und Lebensgefährtin, seine vielen Freunde, weil ein zentraler Teil ihres Lebens, ein geliebter Mensch, unwiederbringlich von ihnen, von uns gegangen ist.

Mit den We-ride-as-friends als Organisatoren, sollte am Montag, dem 18.7.2016, in Worms ein Trauerkorso stattfinden, vom Polo Store in Worms, wo auch unsere gemeinsame Ausfahrt am 1. Mai startete, zum Friedhof in Worms, wo Pierre seine letzte Reise antreten sollte.

Die Frage, ob ich teilnehme, keine Frage. Ehrensache !

Ich bin ehrlich, mit mulmigen Gefühl bin ich von der Arbeit los, im Auto, da mit immer noch geschienter Hand Motorradfahren nicht drin ist.
Am Polo in Worms angekommen, waren schon viele Leute dort, locker 40 Bikes.

Das gleiche Orgateam wie zum Mainz Korso, nur leider ohne Pierre, war dort. Ich habe so viele wieder gesehen, die auch vor wenigen Wochen da waren, am gleichen Ort.

Immer mehr Bikes trafen ein, jeder holte sich einen Trauerflor und spendete damit auch für die Familie von Pierre, eine solche Situation ist für niemanden leicht, und,
das kommt zu allem Leid dazu, finanziell schwer zu stemmen.

Michel und sein Orga Team haben alles im Griff, auch wenn es wirklich schwer fällt, jedem, der da ist. Der Ablauf (klingt so technisch und kalt, aber es muss ja sein)
wird verkündet.

Auf dem großen Vorplatz wird Pierre von seinen Freunden, Kameraden geehrt, mit Vollgas, mit qualmenden Reifen, ordentlich Gummi auf dem Asphalt und Applaus.
12:00 geht es im Korso los, über 90 Bikes !!, einige Dosen als Abschluss, mit Eskorte der Rennleitung.

Im Tunnel auf dem Weg wird, wie angesagt, ordentlich Gas gegeben, einer der letzten Grüße für Pierre, der genau DAS geliebt hat,
Geschwindigkeit, Adrenalin, die Gemeinschaft Gleichgesinnter.

Der Korso kommt ohne Zwischenfälle am Friedhof an, dann dürfen alle Bikes auf den Friedhof zum Vorplatz der Kapelle fahren, im Rund aufgestellt.
Es folgt eine sehr bewegende Trauerfeier, die per Lautsprecher nach draußen übertragen wird, denn die Menge der Trauernden passt bei Weitem nicht in die Kapelle.

Die Worte vor allem der Schwestern, der Lebensgefährtin und Michels, gehen unter die Haut.
Aber auch draussen, da kommen junge Männer und sagen, „ich musste herkommen, ohne Pierre
könnte ich gar nicht fahren, denn er hat mein Bike erst in die Reihe gebracht„.
Anderen hat er das Fahren überhaupt nahe gebracht, mit wieder Anderen ist er zig Kilometer gefahren.

Das Unvermeidliche kommt, Pierre wird auf seinen letzten irdischen Weg gebracht, von der Kapelle zum Grab.
Als er das Rund der Trauernden passiert, geben alle anwesenden Biker auf ihren Maschinen Vollgas (127 sind es), die Leute ohne Bike applaudieren laut.
Trotz all des Leides, der Trauer, ein Moment des Zusammenhaltes, eine gemeinsame Würdigung eines jungen Mannes, der sein Leben
dem Motorradfahren verschrieben hat, mit allem was dazugehört, wie wir alle wissend, die Gefahr fährt immer mit, bei jedem von uns.
Und doch, unendlich traurig, das geht an den innersten Kern.

Stellvertretend für alle aus unserer Mitte, die jedes Jahr schwerstverletzt oder tödlich verunglücken, gute Reise Pierre,
an alle die wir weiterfahren, passt gut auf Euch auf, denkt daran, es gibt immer welche, die Euch lieben und nicht ohne Euch sein wollen !

In tiefer Anteilnahme und in Respekt

Christian/Mercenary/Rockerportal

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COMMENTS

  • Steppenwolf Steppenwolf

    R.I.P. Pierre

    Jeder der aus unserer Mitte geht, aus welchen Gründen auch immer, ist einer zuviel der gehen muss.

    Das Leben selber ist zwar schön, aber äußerst fragil und jeder Augenblick kann der letze sein. Drum, nützen wir doch inmitten derer, die uns etwas bedeuten ,bitte jeden Augenblick, als sei es unser letzter.

    Gruß mit Respekt, Steppenwolf opa

    7+
  • Sprouchmaaster Sprouchmaaster

    R.I.P. Pierre
    … die Guten sterben jung ….

    4+
  • iceangel iceangel

    Verdammt traurige Sache.
    Ich kannte ihn leider nicht.
    Aber Männer, die solche Benefiz Touren für die schwächsten unserer Gesellschaft, die Kinder, mitorganisieren, bei denen weiß ich, wo sie im Leben stehen.
    Vor solchen Männern habe ich allerhöchsten Respekt.
    Wenn ein Biker so jung stirbt, treibt das einem alten Biker wie mir die Tränen die Augen.
    Wir Alte kennen mittlerweile alle solche Situationen, bei denen wir dem Tod ins Auge geschaut haben, ich vor nicht all zu langer Zeit.
    Ich glaube, ich kenne seine letzten Gedanken ganz gut.
    Und trotzdem setzen wir uns immer wieder auf unsere Maschinen, weil wir das brauchen, wie die Luft zum Atmen.
    Können oder dürfen wir das nicht mehr, sind wir schon tot.
    Wir Alte machen uns nicht mehr so viele Gedanken darüber, wir haben unsere besten Jahre hinter uns, alles erreicht, was wir erreichen wollten und sind damit zufrieden, wie unser Leben verlief.
    Aber dieser Junge, von Herzen, Biker, hatte noch so viel vor sich, wollte noch so viel erreichen, wollte noch so viel, vor allem für die Kids, tun.
    Alles aus, auf einen Schlag.
    Auch auf einen Schlag für seine Freunde und Familie, die Fassungslos dastehen und erst langsam begreifen werden, was verloren gegangen ist.
    Aber eines hat er in seinem Leben schon erreicht, was mancher nie erreichen wird.
    Er wird in den Herzen all jener bleiben, für die er in seinem Leben da war, denen er geholfen hat und deren Freund er war.
    Was die Anteilnahme an seinem letzten Weg ja eindrucksvoll beweist
    Und das wird ewig die Erinnerung an ihn wach halten.
    Machs gut auf den Straßen Walhalla`s, Pierre, der Geist der Guten wird ewig weiterleben.
    R.I.P. Pierre

    6+
  • Steppenwolf Steppenwolf

    …insofern ist es so: wen die Götter lieben, der stirbt jung.
    Und wir trauern eigentlich nicht um ihn, sonder beweinen uns selbst, das wir eines solchen großartigen Menschen für alle Zeiten hinieden entbehren müssen.

    Gruß mit Respekt, Steppenwolf opa

    2+

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