Kripoleak

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Frankfurt – Über mehrere Jahre soll Kriminalhauptkommissar Stefan B. Unterlagen sowie heikle Infos an die BILD-Zeitung weitergegeben haben. Mindestens einen Fall konnten die Strafverfolger ihm zuordnen. Nun ermitteln sie wegen des Verdachts auf Verletzung des Dienstgeheimnisses. Sollte es zum Prozess kommen, droht dem Kriminalbeamten eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.Schon länger vermuteten die internen Ermittler ein Leck in der Abteilung 62, die für die organisierte Kriminalität zuständig ist. Nun ist dieser Super-Gau der Behörde auch an die Öffentlichkeit geraten

Parallel zum Strafverfahren leitet das Polizeipräsidium gegen Stefan B. gerade ein Disziplinarverfahren ein. Der Kriminalhauptkommissar, der als guter Ermittler gilt, wurde des Dienstes enthoben, musste also seinen Polizeiausweis, die Waffe und den Schlüssel abgeben. Im Präsidium hat er jetzt Hausverbot. Das Disziplinarverfahren gegen B. wird, wie in solchen Fällen üblich, bis zum Ende des Strafverfahrens ausgesetzt. Würde B. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder länger verurteilt, wäre er seinen Job bei der Polizei los und würde obendrein seine Pensionsansprüche verlieren.

Bei der Frankfurter Polizei hatte man schon geraume Zeit beobachtet, dass immer wieder geheime Informationen und Unterlagen aus dem OK-Bereich, aber auch andere Interna aus dem Präsidium zur Bild-Zeitung gelangten. Vor allem im Hinblick auf die Hells Angels und die Rockerkriminalität war das Blatt auffällig gut informiert. Die internen Ermittler der Verwaltungsabteilung V 6 – zuständig für Amtsdelikte – versuchten schon länger, den Verräter in der Kriminalpolizei aufzuspüren.

Der Verdacht, dass dieser im OK-Kommissariat sitzen könnte, lag zwar nahe. Die in der Bild veröffentlichten Informationen waren aber in aller Regel einem größeren Kreis von Personen – zum Beispiel auch aus der Justiz – bekannt, so dass es nicht gelang, daraus auf eine bestimmte Person zu schließen. Die Wende kam, als die Zeitung im Januar dieses Jahres über den Fall eines CDU-Politikers und Rechtsanwalts berichtete, der sich des sexuellen Missbrauchs Jugendlicher schuldig gemacht haben soll.

Die OK-Ermittler bemühten sich aus Rücksicht auf die Privatsphäre des Tatverdächtigen besonders, den Kreis der informierten Personen klein zu halten. Als dann trotzdem wieder etwas zur Bild-Zeitung durchsickerte, geriet auch Stefan B. ins engere Visier der internen Ermittler. Am Ende sind B. und das Boulevardblatt nach Informationen dieser Zeitung in eine eigens für sie aufgestellte Falle getappt.

Die Abteilung V 6 gab einen Fragekatalog an Stefan B. und andere Personen aus dem Kreis der Ermittler aus. Darin wurde auch nach Kontakten zur Bild-Zeitung gefragt. B. soll sein Exemplar des Dokuments an das Blatt weitergereicht haben. Dieses druckte am 22. April unter der Überschrift „Bild zeigt geheimes Polizei-Dokument“ einen Teil davon ab. B. konnte aufgrund des Abdrucks als Informant überführt werden. Sein Exemplar war nämlich individuell markiert worden.

Noch am Tag der Veröffentlichung durchsuchten Strafverfolger Stefan B. s Wohnung im Hochtaunuskreis und sein Dienstbüro in Frankfurt nach Beweismitteln, stellten Datenträger und anderes Material sicher. Die Auswertung könnte den Beweis erbringen, dass B. nicht nur im Fall des polizeiinternen Fragebogens, sondern auch in vielen anderen Fällen als „Maulwurf“ aktiv war. Auch der Frage, ob der Ermittler außer dem Blatt mit den großen Buchstaben noch weitere Medien und Personen mit Informationen versorgte, gehen die für Amtsdelikte zuständigen Ermittler nach.

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