Urteile in zwei Prozessen

Urteile in zwei Prozessen

Aachen – Gleich zwei spektakuläre Rocker-Prozesse werden am Donnerstag (16.06.2016) vor dem Aachener Landgericht zu Ende gehen. In einem Fall geht es um die Tötung eines 18-Jährigen in Würselen, in dem anderen Fall um eine gewaltsame Auseinandersetzung in Aachen mit zwei Schwerverletzten. Bei beiden Verfahren herrschen massiver Polizeischutz und verschärfte Sicherheitskontrollen.

Seit Monaten werden die beiden Verfahren parallel vor Gericht verhandelt. Es waren schwierige, zähe Beweisaufnahmen mit Zeugen, die entweder gar nicht aussagten oder angeblich nichts gesehen oder gehört hatten. Selbst die Opfer hüllten sich in Schweigen.

Wurden Zeugen bedroht?

Hinter vorgehaltener Hand war von Bedrohungen der Zeugen die Rede, viele Prozessbeobachter kamen zu dem Schluss: Die involvierten Rocker-Gruppen wollten alles unter sich ausmachen und die Justiz außen vor lassen.

Hells Angels als Dealer

In dem Prozess um die Tötung eines 18-Jährigen in Würselen wurden sogar zwei Zeugen in Beugehaft genommen – kooperativer zeigten die beiden sich danach allerdings nicht. Hinter dem Verbrechen, das am 21. Mai 2015 geschah, steckte offenbar ein Streit innerhalb der Aachener Hells Angels. Die Rockergang soll damals im Drogengeschäft mitgemischt haben, davon ist die Staatsanwältin überzeugt. Der Tatort, eine ehemalige Gaststätte in Würselen, soll ein „Koks-Café“ der Rocker gewesen sein, in dem mit Kokain gehandelt wurde. Aus einem solchen Geschäft soll der Hauptangeklagte Deniz Y. Drogenschulden gehabt haben, die er nicht begleichen konnte.

18-Jährigen in den Kopf geschossen

Am Tag der Tat soll dann eine bewaffnete Gruppe von Hells Angels zu der Gaststätte nach Würselen gefahren sein, um das Geld von Deniz Y. einzutreiben. Als an der Hintertür geklingelt wurde, soll der 27-Jährige mehrmals auf die Gruppe geschossen haben – dabei wurde der 18-Jährige getroffen. Nach wenigen Minuten war der junge Mann innerlich verblutet. Ein Begleiter von ihm erlitt einen Bauchschuss und überlebte schwer verletzt. Die Staatsanwältin wertet die Tat als Totschlag und versuchten Totschlag. Sie fordert für Deniz Y. zehn Jahre Gefängnis.

Verteidigung will Freispruch

Der Angeklagte selbst sprach im Prozess von Notwehr. Die anderen hätten ihn damals massiv angegriffen und geschlagen. Irgendwann habe er in Todesangst nur noch gedacht: „Entweder die oder ich“. Er habe nach seiner Pistole gegriffen und geschossen. Er habe aber niemanden verletzen wollen. Die Verteidigung plädiert deshalb auf Freispruch.

Messerstecherei an Tankstelle

Auch in dem zweiten Prozess sind mutmaßliche Mitglieder der Aachener Hells Angels angeklagt. Die vier Männer stehen wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Sie sollen am 6. September 2015 zusammen mit unbekannten Mittätern zwei rivalisierende Bandidos an einer Tankstelle in Aachen überfallen haben. Dabei hatte der Hauptangeklagte Engin K. (33) vor laufender Videoüberwachungskamera einen der Bandidos mit einem Schlagstock attackiert. Es kam daraufhin zu einer Messerstecherei, bei der beide Männer schwer verletzt wurden. Der Fall sorgte für großes Aufsehen, denn aufgebrachte Sympathisanten der Rocker waren damals Notarzt und Rettungswagen zum Aachener Klinikum gefolgt. Zahlreiche Polizeibeamte mussten das Krankenhaus daraufhin abriegeln.

Strafen von bis zu drei Jahren gefordert

Motiv für den Angriff der Hells Angels war nach Überzeugung des Staatsanwalts ein vorausgegangenes, provozierendes Schaulaufen der verfeindeten Rockergangs im Aachener Ostviertel gewesen. Er fordert für den Hauptangeklagten Engin K. vier Jahre Gefängnis, für seine Mitangeklagten Strafen zwischen zwei und rund drei Jahren Haft. Engin K. selbst hatte im Prozess eine Mitgliedschaft bei den Hells Angels bestritten, er sei damals „nur Anwärter“ bei den Aachener Rockern gewesen. Auch habe er die mutmaßlichen Bandidos im Alleingang überfallen, nachdem ihm einige Jugendliche zuvor erzählt hätten, die Männer hätten seine Ehefrau bedroht.

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