Peinliche Tinte

Peinliche Tinte

Erkan will zum Gesichtschirurgen

Wegen unerlaubtem Waffenbesitzes sieht sich Ex-Rocker-Boss Erkan U. zurzeit einem Richter gegenüber. Doch das ist nicht sein einziges Problem. Ein Gesichtstattoo macht ihm offenbar zu schaffen.

Er galt als einer der gefährlichsten Männer Hamburgs: Erkan U. Bis zu seiner Verhaftung im vergangenen Dezember hatte der Ex-Chef der Hamburger Rockergruppe „Mongols“ fast immer eine einsatzbereite Schusswaffe in seiner Nähe. Zweimal, im Juli und im Dezember 2015, wurde mit Großeinsätzen der Polizei seine schicke Penthouse-Wohnung durchsucht. Zweimal wurden die Beamten fündig. Im Juli beschlagnahmten sie eine halbautomatische Pistole der Marke Norinco und im Dezember eine Glock. Das langte für die Verhaftung und gleichzeitige Aufhebung einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten, zu der Erkan U. bereits im Jahre 2015 verurteilt worden war.

Wegen des unerlaubten Besitzes und Führens von halb-automatischen Kurzwaffen und der dazugehörigen Munition muss sich Erkan U. seit Mittwoch erneut vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Mitte verantworten. Ein weiterer Anklagepunkt: Am 29. September 2015 soll der stark tätowierte Rocker in einem Tattoo-Studio in der Fruchtallee mit seiner Glock herumgefuchtelt haben.

Vor Gericht gibt sich der harte Rocker wie ein braver Primaner, der um gute Schulnoten bettelt. Bereitwillig gibt er Auskunft über sein Leben. „Am 28. September 1978 wurde ich als Sohn einer türkischen Familie geboren. Ich bin zwar Moslem, war aber mit den christlichen Feiertagen besser vertraut als mit den moslemischen.“

Die Hauptschule brach er ohne Abschluss ab. Er heiratete ein Frau mit moldawischen Wurzeln. Die Ehe scheiterte. Er erklärt dazu: „Die Kulturkreise haben sich nicht vertragen. Außerdem ist meine Ex-Frau sehr emanzipiert. Das ist auch richtig. Aber es war zu viel.“ Seitdem hatte er viele Affären. Erkan U. ist Vater von vier Kindern, die alle bei den Müttern aufwachsen. Mit einer Freundin lebte er auf einem Bauernhof im Kreis Harburg. Dort soll sich auch für einige Zeit der Hauptsitz der Hamburger Mongols befunden haben.

Dem Gericht erklärte der Angeklagte, er habe auf dem Bauernhof von einem geringen Gehalt gelebt, das er als Ausfahrer von Lebensmitteln verdient habe. Ob das stimmt? Schon vor seiner „Karriere“ bei den Mongols soll Erkan U. im Rotlichtmilieu auf St. Pauli eine Rolle gespielt haben.

Die Erklärung, er habe als Fahrer gearbeitet, macht den Richter stutzig. Der möchte wissen, wieso er sich als Ausfahrer von Lebensmitteln einen so teuren Lamborghini habe leisten können, unter dem im Oktober 2015 eine Handgranate russischer Bauart explodierte. „Den Lamborghini hat meine Familie mit 50.000 Euro gesponsert“, erklärt der Angeklagte.
Wer hinter dem Handgranaten-Anschlag steckte, mit dem damals offensichtlich das Leben des Mongols-Boss ausgelöscht werden sollte, steht nicht fest. Feinde – vor allem die Mitglieder der „Hells Angels“ oder Neider in der eigenen Rocker-Gruppe – hatte Erkan U. damals genug. Der Mongols-Boss soll kokainsüchtig gewesen sein. Das soll vielen Mitgliedern der Rocker-Gang nicht gepasst haben.

Seine Tätowierungen sind ihm peinlich

Inzwischen scheint Erkan U. alleine dazustehen. Freunde oder Feinde sind nicht zu dem Prozess erschienen. Ein neuer Mongols-Boss übernahm gleich nach seiner Verhaftung die Hamburg-Gruppe. Über sein Leben bei den „Mongols“ will Erkan U. vorerst nichts erzählen. Aber seine Tätowierungen, die er im Gesicht trägt, sind ihm jetzt peinlich. „MFFM“ steht da auf der Haut unter seinen Augen. Es bedeutet „Mongols Forever – Forever Mongols“. Er bittet den Richter, noch während der Haftzeit einen Gesichtschirurgen besuchen zu dürfen, um das Tattoo entfernen zu lassen. Der Richter versprach, darüber nachzudenken.
Als erster Zeuge berichtete der leitende Kripobeamte von dem Einsatz in der Penthouse-Wohnung am 4. Dezember 2015. Gegen Erkan U. gab es damals einen Sicherungshaftbefehl. Das Einsatzkommando hatte den Mongols-Boss schnell in Handschellen gelegt. „Na, fühlt ihr euch jetzt cool“, soll der Begrüßungsspruch von Erkan U. gewesen sein. Auf dem Sofa fanden die Beamten die Glock. Aus der Kleidung hinter dem Sofa purzelten 15 Patronen. In einem Versteck in einem Regal wurden 147 weitere Patronen gefunden. In der Küche standen zwei Kuchenteller mit Kokainanhaftungen. Daneben eine EC-Karte und ein Strohhalm. „Warum hat er immer Pistolen dabei?“ wollte der Kripo-Beamte von einer Freundin des Angeklagten wissen. Ihre Antwort: „Er muss sich doch verteidigen können!“
Der Prozess gegen Erkan U. wird am 11. Mai fortgesetzt. Das Urteil soll Anfang Juni gesprochen werden.

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