Bandidos Prozess

Bandidos Prozess

Steinfurt/Münster – Wenn ein Rocker seine Harley und die Kutte zurücklässt, dann muss er es wirklich eilig haben. So auch der ehemalige Kassierer der Steinfurter Bandidos. Hals über Kopf flüchtete er vor zwei Jahren mit seiner Freundin nach Spanien. Gründe dafür gab es viele.

Krach mit dem Präsidenten,

der sich „wie Gott“ aufgeführt haben soll und in Erwartung des „Bad Standing“, ist der damalige Schatzmeister, welcher einige 1000 Euro unterschlagen haben soll geflüchtet.

Es soll auch einen angeblichen Plan des damaligen Präsidenten gegeben haben, das Clubhaus am Drepsenhoek abzufackeln und den Brand den verfeindeten „Hell‘s Angels“ in die Schuhe zu schieben und damit einen Rockerkrieg zu provozieren. Das war zu viel für den Rocker, der bei seiner Rückkehr nach Deutschland bei der münsterischen Polizei eine Generalbeichte ablegte und damit das Verfahren gegen sechs Bandidos wegen bandenmäßigen Drogenhandels anstieß.

Wie der leitende Polizeibeamte „Stein“, am Dienstag vor dem Landgericht aussagte, hatte er aus Dänemark einen Tipp erhalten, dass die Steinfurter Rocker lukrative Drogengeschäfte mit den Nordeuropäern machten. Der Schatzmeister berichtete später von regelmäßigen Kurierflügen nach Finnland, bei denen er als Wodka getarntes Amphetaminöl an die dortigen Kollegen verkaufte. Der Rohstoff für die Drogentabletten kostet zwischen 6000 und 8000 Euro pro eineinhalb Liter.

Bei seinen 16 Vernehmungen erzählte der Kronzeuge auch von zahlreichen Waffen, die bei den Steinfurter Bandidos in Depots gelagert haben sollen. Bei den späteren Razzien wurde im Drepsenhoek ein als Kugelschreiber getarnter Schießapparat sichergestellt. Aber vorher sollen Pistolen, Revolver, Munition und sogar ein Maschinengewehr M 16 in Bandenbesitz gewesen sein.

Der abtrünnige Schatzmeister und seine Freundin, die mittlerweile beide in dem Verfahren vor der Großen Strafkammer umfangreich ausgesagt haben, sind direkt nach den ersten Kontakten mit der Polizei in das Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden. Der Grund ist offensichtlich: Dass die ehemaligen Rocker-Freunde nicht gut auf die Beiden zu sprechen sind, liegt auf der Hand.

Die Verteidiger der sechs mutmaßlichen Bandidos-Drogenhändler machten die Zeugenbank am Dienstag für den 52-jährigen Kriminalhauptkommissar zum heißen Stuhl. Sie warfen der Kommission des münsterischen Polizeipräsidiums vor, die Ermittlungen gegen den Bandidos-Aussteiger äußerst lax zu führen, obwohl auch er schwere Straftaten begangen haben soll. Außerdem habe die Polizei nur die wenigsten Aussagen des Kronzeugen gegengecheckt und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Auf die Frage:

Wie sind Sie mit der besonderen Rolle des Mannes, der Beschuldigter und Zeuge gleichzeitig war, umgegangen?

wusste der Beamte keine Antwort. Der Rechtsanwalt verdeutlichte:

Was Sie einem Beschuldigten sagen müssen, dürfen Sie einem Zeugen nicht unbedingt sagen.

Aber auch dazu schwieg der Hauptkommissar.
Der Prozess wird fortgesetzt.

1+

Related Post

COMMENTS

Kommentar